Die Vorlesungen

Ziel der Vorlesungen ist die Konstruktion eines intellektuellen Rahmens für das Diplomwahlfach CAAD und für den Umgang mit Computern im Entwurf im allgemeinen. In den Vorlesungen vorgebrachte Argumente sollten Sie in den Übungen direkt überprüfen und uns entsprechende Kommentare zukommen lassen. Wir schlagen vor, dass Sie dies in elektronischer Form tun, was Sie zu Anfang des Semesters erlernen werden. Auch besteht die Möglichkeit, direkt während oder nach der Vorlesung zu intervenieren.


Vorlesung 1

Einführung

In dieser Vorlesung wird ein Überblick über das Semester gegeben. Das Semesterthema wird eingeführt und erläutert (siehe Abschnitt Einführung zum Thema in diesem Skript). Mitglieder der Professur, Arbeiten und Wahlfacharbeiten aus früheren Semestern werden vorgestellt.


Vorlesung 2

Computer als Kommunikationsmedium

Der Computereinsatz in der Architektur bewegt sich vom instrumentalen zum medialen Leitbild. Dies heisst, dass die über den Werkzeugcharakter hinausgehende Bedeutung des Computers zunehmend erkannt wird. Diese Thematik wird uns im ganzen Semester beschäftigen. Zunächst müssen die Grundlagen für diese Entwicklung, also Hardware, Software, Vernetzung bekannt sein. Obwohl ein Architekt kein Computerfachmann sein muss, hilft es doch, am Anfang das Gerät, mit dem man im Semester umgehen wird, in seinen Grundprinzipien und Bestandteilen zu erläutern.

Begriffe wie Taktrate, Bandbreite und Speicherkapazität gehen immer mehr in die Alltagssprache ein. Anhand der stetigen Verbesserung der mit diesen Begriffen bezeichneten technischen Eigenschaften lässt sich die Entwicklung der Computertechnik erläutern. Längst sind diese technischen Veränderungen, der Wandel des "Zusammenzählers" zum Kommunikationsmedium, zu kulturellen Phänomenen geworden.

Der Bedarf nach Kommunikation zeigte sich mit der explosionsartigen Verbreitung von Programmen wie Mosaic und Netscape auf dem World Wide Web (WWW), das durch das internationale Datennetz Internet ermöglicht wurde. Damit ist die Integration in einen globalen Daten- und Wissensverbund möglich. Schnell wie zuvor kein anderes Kommunikationsmedium ändert das Internet die Zusammenarbeit und die Verbreitung von Information auch in der Architektur.

Heute gehören Computer im Ingenieur- und Architekturbüro zum normalen Arbeitsgerät. Vergangen sind die Zeiten, in denen sich eine kleine Minderheit Technik-Begeisterter mit der damals neuen Technologie auseinandersetzte und in oft mühsamer Überzeugungsarbeit ihre Kolleginnen und Kollegen über die Möglichkeiten unterrichtete. Die ehemalige Minderheit derjenigen Büros, die Computer einsetzen, hat sich in die Mehrheit verwandelt, und die computerlosen Büros sind die Minderheit geworden. Vor zehn Jahren konnte man Büros ohne Computer noch als traditionell bezeichnen. Heute ist auch der Begriff "traditionell" neu zu definieren, denn fast unmerklich haben sich die neuen Arbeitsinstrumente überall durchgesetzt.


Traditionell vor 10 Jahren Fortschrittlich vor 10 Jahren Traditionell heute Fortschrittlich heute
Text Elektrische Schreibmaschine Textverarbeitungs-programm Integrierte Textverarbeitungs-programme Integrierte Textverarbeitungs-programme, Voice Control, Schrifterkennung
Tabellen Tabellen-kalkulationsprogramme Integrierte Tabellen-kalkulationsprogramme Integrierte Tabellenkalkultion mit Graphik Integrierte Tabellenkalkulation mit Schrifterkennung und Voice Control
CAD Zeichentische Zeichen- und 3D Modellierprogramme Vertikal integrierte Zeichen- und 3D Modellier-programme Horizontal integrierte Programme, EDMS, Bauadministration, Datenbanken, FM
Kommunikation Telefon zusätzlich Fax, lokale Vernetzung, LAN zusätzlich ISDN, grossräumige Vernetzung, WAN zusätzlich Intranet, Internet, globale Netze
Hardware Minicomputer PC, Vernetzung PC oder Workstation, Laptop Cluster, drahtloser Datenaustausch, Energiesparende Maschinen, Gross-LCD Display, Internetstations
Diskutierte Themen Warum Computer? Datenmengen, Visualisierung, Speichermedien -Kapazitäten, Datenschutz Überangebot, Zuverlässigkeit, Schnittstellen- Standards, Auf- und abwärts- Kompatibilität Internet-Surfing, Schnittstellen, Standards, Sicherheit, Rechtsfragen, EDI, Copyright


Vorlesung 3

Architektur und Werkzeug

Architektur und Werkzeug stehen seit je in enger Beziehung. Waren es in der Antike Messinstrumente und philosophische Überlegungen mit Werkzeugcharakter, welche die Architektur beeinflussten, so sind es heute technisch hoch entwickelte Instrumente. Die vollständige Beherrschung der Werkzeuge scheint - wie in der Antike - einer kleinen Zahl von Wissenden und Begabten vorbehalten zu sein. In der Computerwissenschaft und in anderen Disziplinen lässt sich dasselbe Phänomen beobachten.

Die Geschichte des CAAD ist noch kurz - etwa 30 Jahre. Um zu verstehen, was in der Gegenwart auf diesem Gebiet geschieht und wie die zukünftige Entwicklung sein könnte, ist ein Blick in die Geschichte notwendig.

Als Beginn des rechnergestützten architektonischen Entwerfens oder des Computer Aided Architectural Design (CAAD) wird allgemein Ivan Sutherland's Sketchpad Programm von 1963 angesehen. Damit wurden die Grundlagen für die Datenstrukturen und Benutzeroberflächen heutiger CAD Programme gelegt. Die Bedeutung der Datenbanken für den Einsatz des Computers in der Architektur erkannte Charles Eastmann in den siebziger Jahren an der Carnegie Mellon University. Damit wurden erste Brücken zwischen graphischen und nicht-graphischen Daten geschlagen.

Die Geschichte des CAD ist eng mit der Entwicklung der Computergraphik verbunden. Die besondere Eigenschaft von CAD ist die Verbindung von Anschaulichkeit und mathematisch exakter Berechnung, von geometrischer Konstruktion und Operation im selben System. Das durch Rene Descartes begründete karthesische Koordinatesystem, welches jedem CAD-Programm zugrunde liegt, basiert auf einem abstrakten, unendlichen Raumbegriff. Durch die direkte Koppelung an die Grafik wird diese mathematische Beschreibung der Welt wieder in den Dienst der Anschaulichkeit gestellt.

Wenn man die Entwicklung von CAAD nachzeichnet, ist zu bemerken, dass die grundlegenden Erfindungen, von denen die Praxis heute profitiert - CAD, Datenbanken, Visualisierung - bereits weit zurückliegen. Heute wie damals lebt das Gebiet des CAAD vom Zusammenspiel zwischen Praxis, Lehre und Forschung.

Fortschrittlich heute

integrierte Textverarbeitungs programme, Voice Control, Schrifterkennung

Integrierte Tabellenkalkulation mit Schrifterkennung und Voice Control

Horizontal integrierte Programme, EDMS, Bauadministration, Datenbanken, FM

zusätzlich Intranet, Internet, globale Netze

Cluster, drahtloser Datenaustausch, Energiesparende Maschinen, Gross-LCD Display, Internetstations

Internet-Surfing, Schnittstellen, Standards, Sicherheit, Rechtsfragen, EDI, Copyright

Gab in der Vergangenheit die Forschung die wichtigsten Impulse für die Entwicklung neuer Programme, so haben heute die Anwender durch ihre grosse Zahl und ihr wirtschaftliches Gewicht bei der Neuentwicklung von Programmen eine wesentlich höhere Bedeutung.


Vorlesung 4 (lecture)

CAAD Datenstrukturen, Informationstiefe, Datenbanken, Repräsentation mehrdimensionaler Rauminformation

Die Erstellung von zweidimensionalen Planzeichnungen im Computer wurde lange Zeit als die wichtigste Aufgabe des CAD angesehen. Viele Anwenderinnen und Anwender verkennen noch heute die Möglichkeiten, die Computerpläne von traditionell gezeichneten Plänen unterscheiden. Das Stichwort dazu sind Datenstrukturen.

Das Bedürfnis der Menschen nach Strukturen ist stark. In allem Gebauten oder Gewachsenen lässt sich Struktur nachweisen. Struktur ist also ein inneres Gerüst der Objekte. Ein und dieselbe Struktur kann verschiedene Formen aufweisen. Das bedeutet umgekehrt, dass verschiedene Formen auf derselben Struktur aufbauen können.

Das Gesagte lässt sich auch auf Datenstrukturen übertragen. Eine CAAD-Zeichnung ist eigentlich immer viele Zeichnungen: die Datenstruktur ermöglicht viele verschiedene Darstellungen des Datenbestandes, je nach Verwendungszweck.

Eine der Möglichkeiten ist die Zuordnung von Schichten oder Layer, die Angaben über Attribute und Eigenschaften enthalten. Eine weitere Gliederungsmöglichkeit sind Blöcke oder Gruppen, mit denen zusammengehörende Elemente zusammengefasst sind. Ein drittes Merkmal sind Farben, die eine optische Aussage und Zuordnung machen. Ein viertes Merkmal ist Text, der mit den Blöcken oder Gruppen zusammen abgespeichert werden kann. Diese Attribute und viele weitere können in einem CAD-Programm zusammen mit den Plänen gespeichert werden. Damit wird sichtbar, dass CAD-Pläne eine Informationstiefe besitzen, die über die Aussagekraft traditionell hergestellter Pläne weit hinausgehen kann. Diese Informationstiefe ist dann sinnvoll, wenn bei späterer Verwendung der Pläne mehr als nur die graphische Darstellung gefragt ist. Typische Anwendungen sind die Suche nach Attributen wie Stockwerk, Raumbezeichnung, Raumflächen oder Raumnutzung. Damit wird es möglich, die graphische Information mit nicht-graphischer Information in Beziehung zu setzen, was von der Planungsphase bis zur späteren Gebäudebewirtschaftung, dem Facility Management, von wachsender Wichtigkeit ist.

Die bei Plänen erreichbare Informationstiefe ist um mehrere Dimensionen erweiterbar. Der sichtbarste Teil dieser Erweiterung ist die Einführung der dritten räumlichen Dimension. Es dauerte viele Jahre, bis die gängigen CAD-Programme dreidimensionales Arbeiten erlaubten und noch heute sind viele Architektinnen und Architekten, die traditionell ausgebildet wurden, vom Nutzen dreidimensionaler CAD-Programme nicht überzeugt.

Die dritte räumliche Dimension ist auf jeden Fall nützlich, um Räume in der Axonometrie oder Perspektive zu visualisieren. Sie eignet sich besonders für den frühen Entwurf, wenn in räumlich komplexem Kontext mit Massenmodellen gearbeitet wird. Sie ist unverzichtbar, wenn Dimensionen und Wahrnehmungscharakteristika von Innenräumen überprüft werden. Kommerzielle Programme erlauben es, in Plan oder Axonometrie zu entwerfen und die perspektivische Wirkung in einem separaten Fenster gleichzeitig zu überprüfen. Trotz grosser Fortschritte bei der dreidimensionalen Modellierung ist es noch immer nicht einfach, vollständige und gut lesbare Orthogonalprojektionen wie Schnitte oder Grundrisse automatisch aus den 3-D Modellen zu erhalten.

Eine vierte Dimension ist die der Zeit. Sie lässt sich mit dreidimensionalen Modellen durch die Festlegung von Bewegungspfaden auf einfache Art verknüpfen. So entstehen Animationen, welche unter Umständen wichtige zusätzliche räumliche und Wahrnehmungsinformationen liefern können. Die Zeit ist dabei entweder in der Abfolge einzelner Szenen von Bedeutung (etwa 25 Bilder oder Frames pro Sekunde ergeben die Illusion einer natürlichen, ruckfreien Bewegung durch einen Raum), oder sie kann zur Darstellung von Alterungsprozessen oder Energiesimulationen eingesetzt werden.

Durch die Verknüpfung der CAAD-Daten mit dedizierten Datenbankprogrammen, können noch weitere Dimensionen erschlossen werden. Dies kann zum Beispiel über eine SQL-Schnittstelle geschehen (SQL steht für Structured Query Language und ist ein international gebräuchlicher Standard für die Abfrage und Pflege von Daten in Datenbanken. Die meisten grossen Datenbankprogramme unterstützen SQL). Sei es während der Projektierungs- und Bauphase eines Gebäudes oder während seiner Bewirtschaftung nach der Fertigstellung, immer entsteht durch die Verknüpfung von Daten in der Datenbank mit den Elementen im CAD Modell eine zusätzliche Information. CAD Programme, die diese Fähigkeit aufweisen nennt man Facility Management Programme. Um zu verstehen, was Facility Management Programme zu leisten vermögen, und warum Sie (vor allem für Bauherren) immer wichtiger werden, wird in der Vorlesung auch ein kurzer Exkurs über Datenbanken gemacht.


Vorlesung 5

Objektorientierung in CAAD, Objekthierarchien, Vokabular, Detaillierungsgrad, Intelligente Modelle

Für unser Denken und unsere Wahrnehmung besteht die Welt aus Objekten. Weil wir in unserer Erfahrung bestimmte Gegenstände mit bestimmten Eigenschaften zusammenbringen, gelingt es uns meist mühelos, uns in der Welt zurecht zu finden. Unser Wissen über die Dinge lässt sich immer wieder auf neue Situationen übertragen. Die Konsequenz dieser Tatsache für unsere Wahrnehmung ist, dass wir immer das sehen, was wir wissen, oder besser gesagt das, was wir in unserer Erfahrung einordnen können.

Der Terminus "Objektorientierung" ist in der Computerwelt gebräuchlich geworden. Er bezeichnet ein Ordnungsprinzip, welches diese für uns natürlich scheinende Strukturierung in Objekte auf Computerprogramme (und Programmiersprachen) überträgt. Wesentliches Merkmal des Ordnungsprinzips ist, dass Objekte aufgrund bestimmter Kriterien Objektklassen zugeordnet werden können, wobei diese Klassen wiederum Unterklassen haben können, die weitere zusätzliche Eigenschaften aufweisen. Man verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff der Vererbung von Eigenschaften der übergeordneten Klasse an die untergeordnete. Dies entspricht sozusagen der Übertragung unseres erworbenen Wissens über ein Objekt auf eine neue Situation.

Auch in CAAD ist die Objektorientierung ein sehr leistungsfähiges Prinzip. Im Programm Types and Instances, das an der Professur entstanden ist, haben wir diese Möglichkeiten leichter zugänglich gemacht. Man arbeitet dort mit Bibliotheken, in denen man für jedes Element Detaillierungsgrade und Variationen definieren kann. Mit den Mitteln von Types and Instances ist es möglich intelligente Modelle zu bauen, intelligent in dem Sinn, dass von einem Modell sehr leicht verschiedene Varianten und Detaillierungsgrade erstellt werden können.

Obwohl das Prinzip der Objektorientierung also grosses Potential für den Einsatz im Entwurf aufweist, ist es, so wie es gegenwärtig in den gängigen CAAD Programmen umgesetzt ist, noch kein Allheilmittel. An Grenzen stossen die objektorientierten Methoden insbesondere dann, wenn ein bestehendes Modell vom Entwerfenden neu interpretiert wird. Es ist dann meist nicht möglich, die Gliederung in Objekte ebenfalls umzudeuten. Um ihm eine neue Struktur zu geben, die dem aktuellen Konzept entspricht, ist es oft unumgänglich, das Modell in wesentlichen Teilen neu zu erstellen. Datenstrukturen mit grösserer Flexibilität zu entwickeln, die einem diesen Schritt ersparen, ist seit längerer Zeit ein intensiv verfolgtes Forschungsziel.

CAAD Programme der Zukunft werden in der Objektorientierung noch ein paar Schritte weiter gehen. Weil das objektorientierte Prinzip unserem Denken so vertraut ist, wird dadurch auch das Entwerfen mit CAAD Programmen einfacher werden.


Vorlesung 6

Digitale Präsentationstechniken

Nach der Beschreibung der traditionellen und neuen Entwurfsräume und -mittel stellt sich die Frage, ob und wie sich der Entwurf im digitalen Raum vom traditionellen Entwurf unterscheidet. Verschiedenste Persönlichkeiten haben in der Vergangenheit versucht, den Entwurf als Prozess oder Problemlösungsstrategie zu definieren und zu beschreiben. Auch der Versuch wissenschaftlicher Entwurfsmethodik (Design Methods) hat eine lange Geschichte, doch bisher leider wenig praktische Resultate.

Es gilt, Abschied zu nehmen von der bestehenden Aufgabenverteilung zwischen Präsentation und Repräsentation. Auf traditionellen Plänen und Zeichnungen liegen beide sehr nahe beieinander. Alle fehlende Information in der Präsentation auf dem Papier wird durch die hoffentlich im Gedächtnis der Betrachtenden vorhandene Repräsentation ähnlicher Objekte vervollständigt. So ist es möglich, dass bei Entwurfskritiken die Beurteilenden blitzschnell aus einer hingeworfenen Handskizze das räumliche Gebäude erkennen können, allerdings beeinflusst von ihren eigenen vorgeprägten Repräsentationen. In modernen digitalen Entwurfshilfen finden sich zunehmend ausformulierte Repräsentationen im Programm. Sie bilden die Programmstruktur. Die auf dem Bildschirm erscheinenden Präsentationen sind nur eine mögliche Darstellung von Aspekten der Repräsentation eines Objekts. Dadurch entsteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen menschlicher, individueller und persönlicher Repräsentation und der im Computer gespeicherten Repräsentationen. Der Konflikt drückt sich oft in der vollkommenen Ablehnung von Computer Aided Design Programmen aus, da die beiden Repräsentationen nicht miteinander vereinbar sind.

Werden aber die verschiedenen Repräsentationen im Gedächtnis und im Computerprogramm erkannt und beschrieben, so lassen sich beide zu nützlicher Ergänzung vereinen. Dies ist der grösste Vorteil des Entwerfens im digitalen Raum, aber zugleich auch die grösste Schwierigkeit. Durch die Hinzuziehung nicht-graphischer Informationen kann das Ergebnis des digitalen Entwerfens vollkommen andere Formen annehmen als das traditionelle, rein graphische Entwerfen. Ebenfalls nicht zu vernachlässigen ist die rein mechanische Änderung der Entwurfsarbeit, die eine neue Hand-Augen Koordination verlangt.

Lange Jahre litt das Computer Aided Architectural Design unter dem Vorwurf, man könne mit den resultierenden Präsentationen keinen Ausdruck und kein Gefühl vermitteln. Computerpräsentationen wurden gleichgesetzt mit Exaktheit, Kälte und Unpersönlichkeit. Mit wachsendem Wissen über die neuen Möglichkeiten hat sich die Situation etwas entspannt, doch genügt es nicht, bisherige Ausdrucksformen auf den Bildschirm lediglich zu simulieren.

An den Bildern und Videos, die, jeweils aufeinander aufbauend, in den vergangenen Jahren durch Studierende und Mitglieder der Professur für CAAD erstellt wurden, wird deutlich, wie auch mit den Mitteln des Computers Bilder mit starkem persönlichem Ausdruck erstellt werden können. Dieser Ausdruck eines Entwurfswillens, im Englischen als Design Intent umschrieben, ist ein wichtiges Forschungsgebiet. Dennoch ist es mit der Maschine noch nicht möglich, die zuvor beschriebene einfache, aber ausdrucksstarke Handskizze in Sekundenschnelle hinzuwerfen und zu erkennen. Andererseits können mit Lichtsimulationsprogrammen selbst einfachste Geometrien dermassen realistisch simuliert werden, dass der Entwurf eindeutig erkennbar wird. Ob das Resultat der Absicht entspricht, zeigt lediglich, ob die Entwerfenden das Ausdrucksmittel unter Kontrolle haben oder umgekehrt.

Es dauert erfahrungsgemäss etwa zwei Jahre, bis sich Studierende und Lehrende an die Ausdrucksformen und Möglichkeiten des neuen Mediums gewöhnt haben und die Absicht, die vermittelt werden soll, auch hinter einer Computersimulation erkennen. Wegen der grösseren Informationstiefe sind Computerpräsentation komplexer, aber oft auch ausdrucksstärker.

Ist es einmal gelungen, die digitalen Repräsentationsmodelle mit den im menschlichen Gedächtnis vorhandenen Repräsentationsmodellen zu ergänzen, so entstehen neue "Formen" die auch andere Präsentationstechniken verlangen. Auf diesem Gebiet bildet sich eine wachsende Symbiose zwischen traditionellen und neuen Techniken heraus. Das offensichtlichste wäre, Papierzeichnungen auf Computerbildschirme zu simulieren und danach wieder als Papierausdrucke zu erstellen. Zeichenprogramme, wel

che Wasserfarben, Kohlestifte und andere Malinstrumente simulieren und imitieren, sind Beispiele dafür. Andere Versuche solcher Täuschung sind "Twiggly Penplots", welche eine Computerzeichnung wie eine Freihandzeichnung erscheinen lassen und damit bestimmte Reaktionen im Betrachter auslösen wollen.

Diese Versuche, die in kommerziellen Programmen dominieren, sind nicht unsere Zielrichtung. Vielmehr wollen wir versuchen, den mehrdimensionalen Raum und dem Informationsraum entsprechende Präsentationsmethoden zu finden. Das bewegte Bild in Form der Echtzeitanimation, die photorealistische Lichtberechnung sind nur einige Beispiele. Die Präsentation eines Gedankengebäudes im virtuellen Raum lässt sich bereits heute im Architectural Space Laboratory demonstrieren. Aus Kosten- und Platzgründen sind diese Möglichkeiten noch nicht allgemein zugänglich, werden aber in Zukunft zum normalen Präsentationsrepertoire der Architekturschaffenden gehören.


Vorlesung 7

Artificial Design Intelligence

Fast jedes Problem, ist es erst einmal ausführlich erkannt und beschrieben, enthält in seiner Beschreibung bereits den Lösungsweg. Leider trifft dies nicht für menschliche Probleme zu. Entwerfen, das oft als Lösung von unvollständig definierten Problemstellungen bezeichnet wird, entzieht sich bisher der vollständigen Beschreibung. Andererseits ist die Mystifizierung des Entwurfsprozesses das sicherste Mittel, ihn weiterhin als unlösbar zu behalten.

Teilbereiche des Entwerfens, besonders im Routinebereich, sind bereits wohlbekannt und gut definiert. In diesen Gebieten ist es vorstellbar, dass Programme einfache Entwurfsaufgaben übernehmen. Allerdings darf dies nicht zu der irrigen Auffassung führen, dass Computerprogramme entwerfen könnten. Sie führen lediglich komplexe Schlussfolgerungen aus, so wie die ersten Dampfmaschinen menschliche Muskelkraft ersetzten. Dieses Geschehen ist ein Ersatz menschlicher Aktivitäten durch andersartige, künstliche Aktivitäten, die jedoch zu vergleichbaren Ergebnissen führen können.

Aufbauend auf diesen Gedanken lassen sich eine grosse Zahl von Entwurfshilfen, welche die künstlichen Intelligenz zur Grundlage haben, vorstellen. Im Buch "Architectura et Machina" sind diese als Methoden und Instrumente beschrieben. Das Top-Down oder Bottom-Up Entwerfen, das Fallbasierte Schliessen oder das Arbeiten mit Prototypen sind einige Beispiele, wie von menschlichen Denkweisen abgeleitete Computerprogramme nützliche Arbeit leisten können.

In dieser Vorlesung werden laufende oder abgeschlossene Forschungsprojekte an der Professur für Architektur und CAAD, die mit dem Thema Artificial Design Intelligence im Zusammenhang stehen, vorgestellt.


Vorlesung 8

Collaborative Design, CSCW, Telepräsenz, Teleoperationen

Das Collaborative Design, also die Zusammenarbeit verschiedener Partner im virtuellen Raum, hat zumindest zwei Bedeutungen. Zum einen beschreibt es die Arbeit mehrerer Personen an einem Projekt, oder die Mitarbeit einzelner Personen an verschiedenen Projekten. Projekte und Personen sind räumlich verteilt.

Telepräsenz bedeutet die virtuelle Anwesenheit einer Person, eines Teams oder eines Objekts an einem anderen Ort. Dies kann für Konsultationen, Konferenzen oder Entwurfskritiken von grossem Vorteil sein. Teleoperationen beschreiben Handlungen, die von Personen oder Computeragenten an anderen Standorten durchgeführt werden. Praktische Beispiele sind Roboter, die tief unter dem Meeresspiegel von Stationen auf der Oberfläche gesteuert werden, oder Mars Roboter, die von der Erde aus kontrolliert werden.

Im Collaborative Design haben im Idealfall alle Partner Zugang zur gleichen Information, die in zwei- oder mehrdimensionaler Form auf Bildschirmen oder virtuellen Entwurfsumgebungen sichtbar gemacht wird. Das Collaborative Design wird besonders für das digitale Entwerfen im Informationsraum wichtig,

denn so lassen sich Entscheidungen von räumlich verteilten Architekturschaffenden fällen. Seit 1994 hat die Professur für Architektur und CAAD verschiedene Collaborative Design Unternehmen gestartet, deren Ergebnisse auf dem World Wide Web einzusehen sind. Das jüngste dieser Projekte hat unter dem Titel "Multiplying Time" im Rahmen einer Seminarwoche in Zusammenarbeit mit der Hong Kong University, der Technischen Universität Delft und der University of Washington, Seattle im November 1997 stattgefunden (siehe http://space.arch.ethz.ch/VDS_97/).

Für das Collaborative Design müssen neue Spielregeln entworfen und erprobt werden, um die Sozialkontrolle, die durch das physische Zusammensein von Menschen gegeben ist, sinnvoll zu ersetzen. Auch ist darauf zu achten, dass der physische Kontext, der für alle vergangene und heutige Architektur von grösster Wichtigkeit ist und bleiben wird, nicht aus den Augen verloren geht.


Vorlesung 9

Informationsterritorium

Das Zeichnen von Plänen und das Modellieren im Raum sind Teil unseres kulturellen Erbes. Die entsprechenden Gesellschaftsformen wie die Agrargesellschaft und die Industriegesellschaft sind eng mit diesen Vorstellungen von Raum und Zeit verknüpft. Das postindustrielle Informationszeitalter, das 1995 von den G7 Staaten offiziell "eröffnet" wurde, schafft auch neue Raumvorstellungen. Der Beginn der Informationsgesellschaft wurde im deutschen Bundestag im März 1996 von allen Parteien "begrüsst". Es wäre einfach, zu den bisher beschriebenen Dimensionen diejenige der Information hinzuzufügen. Doch wird dadurch das gesamte Raumverständnis verändert. Diese Veränderung wird stärker sein als die Auswirkungen des Übergangs vom stehenden zum bewegten Bild.

Der Informationsraum ist deshalb faszinierend, da er die Brücke zwischen den traditionell bekannten Räumen und der zukünftigen Raumvorstellung bildet. Erst das Medium Computer schafft durch die Vernetzung der Datenbanken untereinander und durch die Navigation im Datenraum - kombiniert mit dreidimensionalen räumlichen Gebilden - die Möglichkeit, das gestalterische Potential des Informationsraums zu erahnen.

Der Informationsraum ist, wie auch der dreidimensionale euklidische Raum, eine künstliche Erfindung des menschlichen Geistes. Wichtig ist aber, dass er zur Umsetzung bestimmter Vorhaben von Nutzen ist und die Entwicklung neuer Ideen ermöglicht. Damit wird er zunehmend zum Teil einer neuen Realität.

Rund um das Thema Informationsterritorium sind in jüngster Zeit von Mitgliedern der Professur eine Reihe interessanter und international beachteter Projekte erarbeitet worden, die in dieser Vorlesungen vorgestellt werden.


Vorlesung 10

Zusammenfassung

Die letzte Vorlesung im Semester ist immer ein Rückblick und ein Ausblick. Sie ist gleichzeitig die Schlusspräsentation Ihrer Arbeitsergebnisse. Diese werden, wie in den letzten beiden Semestern, in einer interaktiven Internet Präsentation zusammengefasst, die Sie auch später weiterverwenden könnnen. Die Schlusspräsentation wird von auswärtigen Gästen besucht und besprochen. Besonders in diesem Semester bitten wir Sie, das Ergebnis direkt mit uns und untereinander während des Apéros im Architectural Space Laboratory im Anschluss an die Schlusspräsentation zu diskutieren.

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